Turm und Gasthaus auf dem Hohen Schneeberg


Schon an manchen Punkten Dresdens sieht man fern in südöstlicher Richtung die langgestreckte Sandsteintafel des Hohen Schneeberges mit dem hochaufragenden Aussichtsturm.

Panoramablick vom Hohen Schneeberg nach Norden

Ende der achtziger Jahre war die Zerstörung des Schneebergturmes schon weit fortgeschritten, glücklicherweise hat nach der Wende die neue Ortsverwaltung von Jilove (Eulau), zu deren Verwaltungsgebiet auch Sneznik (Dorf Schneeberg) gehört, beschlossen, den Turm restaurieren zu lassen. Den Auftrag dazu erhielt die Privatfirma Kamason, Decin (Tetschen-Bodenbach). Da kein Elektroanschluß vorhanden war, mußte ein Notstromaggregat die notwendigen Maschinen versorgen. Wasser wird, soweit vorhanden, aus den ehem. Löschwasserteichen entnommen oder mit Tankwagen über die Turmstraße, die leider Schäden aufweist, zur Baustelle gebracht. Nach mehr als einem Jahr Bauzeit (Kosten ca. 2 Millionen Kronen) wurde der Turm im Juli 1992 wieder seiner Bestimmung als Aussichtsturm übergeben.

Der rekonstruierte Aussichtsturm (2004)

Nur manche Leute erinnern sich noch daran, daß unweit des Turmes einst auch ein viel besuchtes Berggasthaus stand. Der nachfolgende Text soll an den Bau von Turm und Gasthaus auf dem Dach des Elbsandsteingebirges vor über 130 Jahren erinnern. In einem von einem Beamten der Herrschaft von Thun und Hohenstein gefertigtem Schriftstück, das von dem z.Zt. des Turmbaues amtierenden Forstmeister Adam Seidel ergänzt wurde, heißt es:

"Bei den im Jahre 1862 von den wissenschaftlichen Kapazitäten aus Österreich, Preußen und Sachsen stattgefundenen Verhandlungen über eine neue mitteleuropäische Ländertriangulierung wurde der Hohe Schneeberg von der Kommission für die Verbindung der drei Staaten als ein unerläßlich wichtiger Höhenpunkt anerkannt.

Das bewaldete Plateau von 154,5 Joch (ca. 112 Hektar) gestattete jedoch von keinem Platze eine freie Rundsicht für die Gradmessung, und der Zweck konnte daher nur auf zwei Wegen erreicht werden: entweder durch die Erbauung eines geeigneten Turmes oder durch sternförmiges Durchlichten des Waldes (Schneisen) nach den korrespondierenden Bergen in Böhmen und Sachsen. Von der k.k. Staatsverwaltung war eine Unterstützung an Geld für die Herstellung eines Turmes nicht zu erwarten, weshalb die Durchführung nur auf die Schneisen angewiesen erschien, wobei jedoch in Erwägung kam, daß durch das Öffnen der Waldbestände nach allen Richtungen diese den Elementareinwirkungen, namentlich den Stürmen, der gänzlichen Zerstörung ausgesetzt würden. Der k.k. Generalmajor und Direktor des militärgeographischen Instituts in Wien, H.v.Flügely, als Vorsitzender der hier tagenden Kommission, wendete sich an Se. Exzellenz den Grafen Franz Anton Thun mit der Bitte, das wissenschaftliche Unternehmen zu unterstützen und einen über den Wald herausragenden Turm erbauen zu lassen, um nicht zu den Durchlichtungen Zuflucht nehmen zu müssen. Se. Exzellenz geruhte nicht nur die Herstellung eines für diesen Zweck erforderlichen einfachen, sondern zugleich eines Aussichtsturmes nach dem Entwurfe des Oberlandesbaumeisters Haenel in Dresden mit monumentaler Konstruktion massiv in Stein und Eisen ganz ohne hölzerne Bestandteile und 105 Fuß Totalhöhe, zu genehmigen.

Im Frühjahr 1863 wurde der Bau im Akkordwege nach den Offerten der niedrigsten Einheitspreise an den Baumeister Josef Perthen in Bodenbach-Weiher vergeben, vorerst die unebene Felswand zur Basis durch mühsames Abspitzen geebnet und hierauf der Bau begonnen, dann ein fest verriegeltes Gerüst zur etagenweisen Erhöhung allmählich aufgestellt. Das Steinmaterial zu diesem Bau konnte auf dem Plateau nur zum Teil auf dem westlichen Felsenrande, wegen der großen Härte des dortigen Quadersandsteines, und zwar nur Bruchsteine, gewonnen werden. Für die Ornamente der vielen Steinmetzarbeiten mußte ein Bruch an den weicheren Felsen des steilen Absturzes an der Westseite eröffnet werden. woraus die Erzeugnisse mittels einer vorgerichteten Bahn, dann eines Flaschenzuges durch Pferde auf das Plateau gezogen und von dort zu Wagen auf den Bauplatz geführt wurden.

1863 wurde der Turm bis zur einer Höhe von 85 Fuß hergestellt und bis zum Herbst 1864 der ganze Bau nebst der Terrasse als ein monumentaler, allen Ansprüchen von architektonischer Schönheit entsprechender Prachtbau zur Benützung des Publikums vollendet. Das Gebäude ist im sog. Elisabethstil auf einem achteckigen, mit Aufgangstreppen versehenen, 11 Fuß hohen Unterbau in runder Grundform aufgeführt und mit einer durchschnittlich 5 Fuß hohen Zimmerbalustrade versehen worden. Im Innern führt eine steinerne Wendeltreppe zum oberen, durch 12 Fenster erleuchteten Stockwerke, von da eine freitragende gußeiserne Treppe nach der Plattform, welche auf einem Standpunkte von 2286 + 105 = 2391 Fuß (= ca. 750 Meter) eine großartige Rundschau über einen Teil Böhmens und Sachsens darbietet.

Der Turm von Westen um 1900 (dahinter das Gasthaus)

Von österreichischer Seite hat die Triangulierung im Jahre 1864 zunächst mit der astronomischen Beobachtung für die Bestimmung der geographischen Breite durch Prof. Herr aus Wien begonnen und nach sorgfältigen Erhebungen mit genauen Instrumenten ist die nördl. Breite von 50 Grad 47 Min. und 32 Sek. ermittelt worden. Im Jahre 1865 wurde vom k.k. Major Ganahl die Ländertriangulierung durchgeführt, welche im Sommer 1866 von sächsischer Seite fortgesetzt werden sollte, was jedoch durch die Kriegsereignisse verhindert wurde. Die Baukosten betrugen insgesamt 19 673 österr. Gulden.

Während des Turmbaues und des dadurch gesteigerten Fremdenbesuches, wofür eine kleine Restauration in einem hölzernen Häuschen errichtet worden war, ging der allgemeine Wunsch der Touristen und Naturfreunde dahin, es möge dort für ein gutes Unterkommen sowie auch zum Übernachten für den Genuß der Beleuchtung bei auf- und untergehender Sonne in der Nähe des Turmes ein Gasthaus erbaut werden.

Auch diesem Bedürfnis haben Se. Exzellenz abgeholfen und ein entsprechendes Gebäude, bestehend aus einem geräumigen Speisezimmer, acht kleinen Zimmern und drei Bodenkammern nebst Keller und Küche zum Bau bewilligt welches im Jahre 1865 hergestellt wurde. Das Erdgeschoß ist von Steinmauerwerk und das Stockwerk von Bindwerk mit Bretterverschalung hergestellt worden. Die Kosten hiervon betrugen 5 225 österr. Gulden.

Gastwirtschaft und Turm von Osten um 1910

Ferner ist eine vom Gasthause zwischen den Felsen zum Turme führende steinerne Stiege mit einem Kostenbetrage von 71,50 Gulden hergestellt worden. Das Gasthaus ist auf drei Jahre für 1866 bis 1868 ohne Einrichtungsstücke um den jährlichen Pachtschilling von 400 Gulden an den Pächter des Posthotels in Bodenbach verpachtet worden" - Soweit Forstmeister Seidel.

Am 17.Juni 1875 stattete König Albert von Sachsen mit seiner Gemahlin, Königin Carola, dem Hohen Schneeberg einen Besuch ab. Ein Jahr später, am 24.Juni 1876 war Kronprinz Georg von Sachsen hier zu Gast.

Der Turmwirt Weiß, der erste Pächter, wurde von seiner Nichte, Edeline Dörner, abgelöst. Ihr Sohn Gustav Dörner und Frau übernahmen Gastwirtschaft und Turm am 1.Mai 1906 und bewirtschafteten ihn volle 30 Jahre, wobei gewöhnlich zu Ostern geöffnet und im Spätherbst geschlossen wurde.

Die Terrasse der Gastwirtschaft, dahinter der Turm um 1910

Im Jahre 1936 wurde Willi Jugel, an den sich Ältere noch erinnern werden, Turmwirt und von diesem Zeitpunkt an begann die ganzjährige Bewirtschaftung zur Freude der immer zahlreicher werdenden Skifahrer.

Ebenfalls 1936 führte Prof. M.Färber von der Städtischen Technischen Lehranstalt in Bodenbach erstmalig in der damaligen CSR auf dem Turm Fernsehempfangsversuche durch. Es gelang ihm, mit einem selbstgebauten Empfänger den Ton des Fernsehsenders Berlin zu hören.

Turm und Gastwirtschaft haben den Krieg und die unmittelbare Nachkriegszeit relativ gut überstanden, die deutsche Bevölkerung hingegen wurde aus ihrer Heimat vertrieben. Bis 1959 hat man dann eine elektrische Freileitung bis zur Turmwirtschaft gezogen, ansonsten war äußerlich alles noch wie vor dem Kriege. Die Wirtsleute, eine tschech. Familie, die schon vor 1938 in Bodenbach wohnte, hofften schon damals auf das Wiedereinsetzen des Fremdenverkehrs aus Sachsen, da die zugezogene tschechische Bevölkerung wenig Interesse zeigte, dem hohen Schneeberg einen Besuch abzustatten.

In den folgenden Jahren wechselten die Wirte fast jährlich. Einer von ihnen, Zdenek Mancal, der in Schneeberg wohnte und vorher die Gaststätte Grünzner (heute Hotel Sneznik) bewirtschaftet hatte, versuchte mit viel Mühe, der Turmwirtschaft wieder ein wenig Profil zu geben. Doch auch er mußte aufgeben, da der Zustrom an Touristen, trotz geöffneter Grenze, ausblieb. Ein anderer Wirt profilierte die Gaststätte zum Nachtlokal, was offensichtlich die damaligen Behörden auf den Plan rief, worauf die Schließung erfolgte.

Im September 1959 stand noch die alte Messingplatte mit dem eingravierten Relief der Berge und der deutschen Beschriftung vor der Restauration. Anfang der 60er Jahre wurde sie durch eine kleinere Kupferplatte mit tschechischer Beschriftung ersetzt. Ebenfalls Anfang der 60er Jahre installierte man auf dem Turm eine Sendeanlage, die von Soldaten der Armee bewacht wurde. Die Anlage wurde etwa 1980 wieder ausgebaut und die Wache abgezogen.

Seit dieser Zeit waren die Gastwirtschaft und auch der Turm der Zerstörung ausgesetzt. Eine Sportgemeinschaft übernahm damals die Patenschaft über den Turm und stellte für die Zeit in der die Turmwirtschaft ohne Wirt war, ehrenamtliche Wachen. Bergsteiger halfen den Turm notdürftig zu reparieren. Eine Dauerlösung war es nicht.

Etwa 1983 wurde das Gasthaus demoliert, Türen und Fenster eingeschlagen, die Einrichtung durch die Fenster auf den Hof geworfen und zerstört. Daraufhin wurde das Gebäude abgerissen und der Schutt abtransportiert. Diese Arbeit wurde so gründlich verrichtet, daß nur Eingeweihte noch wussten, wo die Turmrestauration stand. Diese Maßnahme stieß nun doch auf Kritik durch einen Teil der Bevölkerung, sogar das tschsl. Fernsehen sendete einen Bericht. Die Verantwortlichen von Eulau erklärten damals, es soll ein neues Gebäude errichtet werden.

Auch der Turm selbst wurde nicht verschont. Die schwere Holztür mit Eisenbändern hielt zwar stand, doch über das unterste Fenster verschaffte man sich Zugang zum Turm und ein Jahr vor Beginn der Restaurierung wurden aus der Turmkrone zwei schwere Sandsteinquader ausgebrochen und auf die Plattform gestürzt.

Wer das Elbsandsteingebirge besucht und von irgendeinem Aussichtspunkt die Rundsicht genießt, dessen Blicke werden immer wieder von einem Punkte angezogen: dem Turm, der auf dem Gipfel dieses einzigartigen Gebirges steht. In den achtziger Jahren war es einsam geworden auf dem vom Waldsterben heimgesuchten Plateau des Berges. Wenn man verweilte und auf die Stimmen der Besucher achtete, so konnte man feststellen, daß der überwiegende Teil der Touristen aus dem nahen Sachsen kommt.

Bleibt noch anzumerken, daß sich im Sockelbau des Turmes auf dessen Südseite seit einigen Jahren ein Kiosk befindet, wo Touristen mittlerweile während des ganzen Jahres eine Erfrischung und die Eintrittskarten für den Turm bekommen können. (Geöffnet Mo-Fr 10-16 Uhr, Sa/So 9-17 Uhr)

Das neue Berggasthaus auf dem Hohen Schneeberg (1999)

Im Jahr 1999 wurde schließlich wahr, was schon niemand mehr zu hoffen wagte - ein neues Berggasthaus (Restaurace pod Rozhlednou / Restaurant unter dem Aussichtsturm) wurde gebaut. Am Platz des alten Gasthauses entstand es auch ganz in der Gestalt des Vorgängerbaues. Von der Veranda kann man wie früher einen weiten Blick nach Süden in Richtung des Böhmischen Mittelgebirges und des Polzenlandes, an klaren Tagen auch nach Osten bis zum Jeschkenkamm genießen. Zum Besuch lädt die Turmwirtschaft seit November 1999 täglich von 10 - 16 Uhr ein. Im Sommer wird man auch auf der Terasse vor dem Gasthaus bewirtet


Quellen:

1) Der Hohe Schneeberg - Das Eulautal im Wandel der Zeiten - Sonderheft 1938.

2) R.Peschke, Der Schneeberg im Wandel der Zeiten, TdH 45(5) 1992, S.4

3) J.Nouza, Aussichtstürme im Raum Decin und Ceska Lipa, Decin 1994

Mit freundlicher Genehmigung von Cornelius Zippe